pattysplanet
Musik vom Südmars und der Erde

pattysplanet - Andromeda CD Rezensionen

21. Juli 2008

Keys

Irgendwas, das Patty nicht kann? Patty komponiert, programmiert, enigneert, textet, singt, loopt und layert die spektakulärsten Chöre und bläst eines der hitzigsten MIDI-Saxe diesseits des Saturn. Dein Netz-Auftritt braucht ein cooleres Styling? Macht die Webdesignerin Patty Stucki auch, auf ihrem Planeten ist nichts unmöglich. Nur, wie das Dutzend Lieder fair klassifizieren, aus denen die Schweizerin (aktuelle Homebase: Köln) ihren vierten Longplayer gestrickt hat? Allein die tausend Ideen, die sie in den Space-Funk-meets-Trip-Hop-Opener „Luna“ oder die abgedrehte Cosmic-Dub-vs.-Clicks‘n‘Cuts-Nummer „Maybe“ (Track11) gepackt hat, würden anderen für ein ganzes Album reichen.
Sounds aus Sternenstaub, Vocals wie vom Himmel.
Wertung: Sound 9 von 10, Music 9 von 10.

Albrecht Piltz, KEYS 2007-02

Sonic Seducer

Von irgendwo her zwischen Südmars und Erde kommen die neuen Klänge von Patty Stucki, alias Pattysplanet, die nun ihr zweites Soloalbum fertiggestellt hat. Wie auf ihrer letzten Klangsafari spielt die Schweizerin mit intelligenten Synthprogrammings, Vocalschichtungen und natürlicher, jazziger Rotzigkeit jenseits stilistischer Schubladen. Für ihre effektversehenen und virtuosen Saxophon-Gegensätze ist die in Köln lebende Electronica Künstlerin berühmt, und selbstverständlich darf das Holzblasinstrument auch auf “Andromeda” nicht fehlen. Wer auf Björk und Delerium steht, sollte unbedingt Mal reinlauschen und sich überzeugen lassen von den qualitativ anspruchsvollen Kompositionen auf höchstem Sounddesignniveau des Elektro Kartell Artists.

François Duchateau, SONIC SEDUCER, 2007-02

Sound & Recording

Die Utopie des eigenen Planeten scheint für Patty Stucky aus Köln eine gewisse Rolle zu spielen, das lässt sich nicht nur an ihrem Alias und den Songtiteln festmachen. Die studierte Toningenieurin und Initiatorin des Netzwerks „electronic-ladiez.net“ setzt in ihren Produktionen ganz auf Eigenweltlichkeit und Intimität: „Andromeda“ verknüpft Science-Fiction und Märchen-Mädchenromantik, Torch Song und Electronic Listening. Trip ohne Hop in Formvollendung – als würden Kate Bush, Tori Amos und Beth Gibbons jetzt bei Coloma singen. Bis auf das mehr als amtliche Mastering von Robert Babicz alias Rob Acid hat Patty alles im Alleingang produziert: Sie singt, synthetisiert, programmiert und bläst ein ätherisches Saxofon. Nur Klavier spielt sie nicht, deshalb nutzt sie ein Midi-Saxofon als Live-Controller. Man merkt dem Album jeden Moment an, wie viel Arbeit und Liebe zum Detail in dieser Musik stecken.

Konrad Feuerstein, SOUND & RECORDING, 2007-03

Visions

Was sich hinter Pattysplanet verbirgt, ist ein wahrer Ein-Frau-Zirkus. Songwriting, Programmierung von Beats und Samples, komplette Instrumentierung, Gesang als Chor oder Solo sowie die Produktion des Ganzen gehen allein auf die Kappe der Wahl-Kölnerin Patty Stucki, die sowohl Björk, Massive Attack als auch Karlheinz Stockhausen zu ihren Einflüssen zählt. Hier verschmelzen elektronisches Songwriting, grooviger Trip-Hop, eine tolle Stimme sowie allerhand weitere Finessen zu einem eigenständigen Sound, dem es ebenso wenig an Ideenreichtum wie an technischem Know-how fehlt.

Hackmann, VISIONS.DE, unexplored, 2007-03

Alternativmusik

Immer wieder kann es einem Rezensenten passieren, dass er Musik hört, die sich kaum einordnen lässt in die gängigen Sparten; sei es im Bezug auf Arrangements, Ausdruck oder Vermarktung: Manchmal gibt es eben keinen direkten Szene-Bezug. Eben dieses kann einem Künstler hinderlich sein, weil man dadurch ggf. schlechter den viel zitierten „Fuß in die Tür“ bekommt, aber es kann auch einen zusätzlichen Anspruch verleihen und die allgemeine Verbreitung durch den „Exoten-Bonus“ verbessern. Als geschlechtsspezifisches Beispiel wäre zu nennen, dass Tori Amos bereits vor dem Album Strange Little Girls (auf dem sie Slayers Raining Blood coverte) in der Hard Rock/ Metal-Presse Erwähnung fand.

Womit wir auch schon bei Thema „weibliche Solo Künstlerin mit immenser Bandbreite ohne Szene Beschränkung“ wären. Die ursprünglich aus der Schweiz stammenden Wahl-Rheinländerin Patty Stucki ist als Elektro-Songwriterin, Sängerin und Saxophonistin in elektronischen Welten unterwegs, die sich weitab von immer wieder fallenden Begriffen wie „Trip Hop“, „Elektro“, „Chill-Out“, „EBM“ oder „Ambient“ befinden…oder auch all’ diese und mehr abdecken; jeweils wie es dem Hörer besser passt beim geistigen Einsortieren.

Auch dem Rezensenten fiel die Beschreibung dieser Klänge sehr schwer, weil man schlichtweg manchmal nicht weiß wohin damit. „Es klingt klasse, aber was ist es?“ Vielleicht ist es der Anfang einer neuen, durch das von Patty begründete Netzwerk „Electronic Ladiez“ bereits bis zu einem gewissen Grad institutionalisierten „Nische“? In jedem Fall braucht die Welt der (in „unserem” Fall) dunkleren elektronischen Musik mehr weibliche Führung und Grazie als bisher. Für die sanfteren Gemüter (ob nun männlichen oder weiblichen Geschlechts) war es bisher etwa Anne Clark, für die härteren z.B. Annelie Bertilsson von Cat Rapes Dog. Aber neben diesen und anderen Damen ist noch viel Platz für andere Einflüsse von „elektronischen Ladies“.

Das Album:

Die CD Andromeda von pattysplanet beinhaltet 12 Stücke, ist professionell und geschmackvoll aufgemacht (allerdings nur mit einem vierseitigen Einleger), klingt druckvoll, ist aber leider nicht im Handel erhältlich, sondern nur direkt bei der Künstlerin (siehe unten) zu erwerben.

Die Stücke:

Luna eröffnet den mystisch-planetaren Reigen. Auf die Gefahr, wieder in das Sparten-Denken abzugleiten, wäre der nächste Vergleich das, was sich als „Heavenly Voices“ etabliert hat, in Kombination mit jazzig-klingenden Soundtrack Grooves. Dieses Stück ist perfekt geeignet für den Einsatz im Hintergrund einer surreal anmutenden Mondschein-Tanz-Filmsequenz. Man denke in etwa in die David Lynch/Twin Peaks-Richtung. Und die wunderschöne Stimme verzaubert selbst…aber wir wollen die Twin Peaks-Analogie nicht zu weit treiben; bei pattysplanet gibt es keine Mordopfer, wie ästhetisch diese auch in Szene gesetzt sein sollten.

Too Long ist hingegen schon fast Club-tauglich. Zum (Synthie-) gesellt sich zum ersten Mal das Saxophon. Das Stück ist wiederum surreal anmutend; weniger romantisch als zuvor, eher hintergründig. Unweigerlich fühlt man sich an Nitzer Ebb-Remixe der Showtime-Zeit (Stichwort „Jazz-Einfluss“) erinnert.

Mit Footprints legt Patty ein Stück vor, das sich dem unwissenden Hörer als Frontline Assembly-Remix der FLAvour of the weak-Ära verkaufen könnte. Speziell der Basslauf in Verbindung mit dem EBM-Beat der etwas neuere EBM-Schule (nicht „Future-Pop“, sondern davor) hätten auch im FLA-Kontext der genannten Zeit gepasst. Der dazu im Kontrast stehende, fast schmachtende Gesang während der langsameren Teile macht das Stück abwechslungsreich und spannend. Vielleicht nicht tanzbar, aber ein „Hinhörer“!

Bei Signs of Time geht es, trotz aller experimentellen (Percussion-) Sounds, schon fast poppig zu. Die sanften Keyboards und das verzierende Saxophon schwimmen auf den Wellen des Basslaufs und die Stimme schwebt darüber. Zeitlos. Wer braucht da gecastete Popmusik-Spinner im Fernsehen? Liefe sowas im Radio, könnte sich der Rezensent vorstellen, zu mehr als nur den Nachrichten besagtes Gerät einzuschalten.

Bei der sonst im Bereich von Industrial, Neoklassik und Darkwave anstehenden Rezension werden solche Begriffe zwar nicht verwendet (genauer gesagt sind viele davon geradezu verpönt), jedoch hier sind Worte wie „spacig“ oder „groovy“ in der Form notwendig, dass es schon fast inflationär wirkt. Leider gibt es keine genau diese musikalischen Elemente beschreibenden deutschen Worte, somit ist Visitors extrem „spacig“. Es ist die mögliche Untermalung der Weltraum-Amazonen-Verführungsszene. Allerdings modern, also nicht retro-70er (der Star Trek „Hamster-unter-den-Achseln“-Witz liegt auf der Hand), sondern modern und rasiert…äh, Verzeihung: „scharf“!

Das Stück Essay on a Silent String führt die „spacige“ Ader weiter aus. Man denke an eines der weniger strukturierten und mehr auf Atmosphäre bedachten Nordvargr-Projekte. So stellt sich ein bzgl. Erfahrungen dieser Art unbelasteter (!) Hörer Musik vor, die sich noch mehr entfaltet, wenn man gewisse Pflanzen raucht und dann z.B. behauptet, die Töne schmecken, riechen oder sehen zu können. Um das Fachwort zu gebrauchen: Essay on a Silent String klingt psychedelisch. Es ist die Nacht mit der o.g. Weltraum-Amazone, von der man hinterher nichts mehr weiß außer, dass es „heftig“ war.

Bioley ‘ndisha wird wieder eingängiger und könnte als Ballade durchgehen. Von der langsamen Tanzbarkeit wäre es vergleichbar mit Qntal (allerdings Trip Hop-kompatibel gesungen). Könnte im Club-Kontext funktionieren.

Impressions hingegen stellt den Vocalvortrag mehr in den Vordergrund. Auch relativ langsam dargebracht, kommt hier die mehrfach eingesetzte Stimme der Allround-Künstlerin voll zu Geltung. Im Gegensatz zu vielen Leuten, die vielleicht nette Musik schreiben und kreieren können, aber mit ihrem Gesang die Ansätze zunichte machen, kann diese Frau singen und auch den berühmten Funken zum Hörer überspringen lassen.

Wiederum die Erinnerungen an („mittlere“) Frontline Assembly ruft Still Follow hervor. Die Abwechslung zwischen den langsamen, mehrstimmigen Arrangements und den etwas schnelleren Beats mit den Effekten und elektronischen Spielereien macht schlichtweg Spass.

Die Klavierklänge von Ode to Saturn schließen etwas den Kreis zur Einleitung und der (sonst nicht wirklich vergleichbaren) Tori Amos. Das Lied ist tatsächlich eine „Ode“ im klassischen Sinn und entführt den Hörer…vielleicht nicht ganz bis zum Saturn, aber ziemlich weit in die Ferne. Süßlich und verführerisch, gemessen am verspielten und experimentellen Kontext der meisten anderen Stücke fast schon Popmusik-kompatibel. Das Saxophon-Solo erinnert an Dream Theater’s Another Day, allerdings in viel (in Ermangelung einer besseren Erklärung) „sanfter“.

Das Lied Maybe ist in einer Remix-Fassung auf dem Album enthalten, die wirklich die Grenzen der Ritual-Musik erreicht. Das ist (jedenfalls nach dem Empfinden des im Bereich Trip Hop nicht wirklich gebildeten Rezensenten) schon vergleichbar mit manchen Cold Meat Industries-Veröffentlichungen und trotz der (hier leicht verfremdeten) dem Ohr schmeichelnden Stimme relativ düster. Leider aber etwas kurz geraten.

Den Abschluss findet das Album mit Finding Home, wobei das Stück von der Struktur um vom Ausdruck auch ein Loreena McKennitt-Arrangement vertragen könnte (sprich Substituierung der Elektrosounds durch Folk-Instrumente). In jedem Fall ein würdiger Abschluss für eine außerordentlich faszinierende und abwechslungsreiche CD.

Fazit:

Grundsätzlich sollte man diese CD allen zum Antesten empfehlen, die mit der Formel „gute elektronische Musik + weiblicher Gesang“ etwas anfangen können.
Da dies aber etwas sehr weit gefasst ist, muss auf die o.g. möglichen (subjektiven…) Vergleiche hingewiesen werden. Wer sich auf die eine oder andere Art darin wieder finden kann, sollte die Musik von pattysplanet dringend antesten und die Künstlerin unterstützen.
Mitbringen sollte man Offenheit gegenüber dem Blick über den sprichwörtlichen Tellerrand und eine Ader für das Träumen und Entgleiten zu Musik. Um es auf den Punkt zu bringen: Es gibt für das Album zwar kein zu sehr eingegrenztes Genre, aber „Andromeda“ ist ganz großes Kino!

Black Angel, 2007-07
Das Original bei alternativmusik.de

Melodiva

„Selbst ist die Frau“ – das könnte der Leitsatz dieses Albums sein. Patty Stucki ist ein Multitalent in musikalischer und technischer Hinsicht. Auf dieser CD ist sozusagen alles „selfmade“, von der Komposition bis zum Mixing. Im Klartext heißt das, Frau Stucki singt, spielt Saxofon und ist die Urheberin aller elektronischen Klänge. Das Schönste daran ist jedoch, man merkt überhaupt nicht, dass die gesamte Musik ausschließlich von einer Person stammt. Vielmehr wird man durch Zufall auf diesen Umstand aufmerksam, wenn man auf der CD den Namen der wunderbar hauchenden Stimme erfahren möchte. So vielfältig wie ein Chamäleon entführt die Schweizer Songwriterin in fremde Welten mit unbekannten und doch zärtlich weichen Klängen. Dabei kann es passieren, dass man sich an Portishead oder auch Lamb erinnert fühlt. Die einzelnen Titel sind keineswegs platte Stilkopien in der Art, hier etwas Trip Hop, dort etwas New Elektronic. In der Verwendung unterschiedlichster Elemente beweist die Künstlerin Eigenständigkeit und Individualität, gewürzt mit einem Hauch schrägem und dadurch so liebenswertem Chaos. Unerhört Neues wird man auf dieser CD schwerlich finden, doch Liebhaber von eingängigen Melodien, Saxofongrooves gepaart mit ausgewählten Elektronic Samples kommen voll auf ihre Kosten.
Sabine Zimmer, 2007-09

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